Der Ratssaal

[Münster]

"Wenn es dein Wunsch ist?!"

Robert atmet tief ein und holt eine weitere versiegelte Karte hervor, die er schon seit einiger Zeit mit sich führte.
Nachdem er diese auf dem Tisch ausgebreitet hat, beginnt er die verschiedenen Runen und Linien zu erläutern.

"Dies hier", er deutet mit dem Finger auf ein großes Gebirgsmassiv, "ist das Turalgebirge. Einige Tagesreisen nördlich von unserer jetzigen Position. In Anbetracht unserer Situation empfahl ich bereits vor einigen Monaten, dass wir einen Rückzugspunkt benötigen, der von Caer Conway aus ohne größere Schwierigkeiten erreichbar wäre, aber gleichzeitig ein Terrain bzw. Befestigungen besitzt, die es uns gestatten, selbst einer Belagerung zu trotzen. Operation Steinschlag diente genau diesem Zweck!"

Robert hält kurz inne und deutet auf einen, durch eine weitere Rune markierten Punkt.

"Und genau hier haben wir einen solchen Rückzugspunkt gefunden! - Direkt im Gebirge, haben unsere Späher eine alte, verlassene Festungsanlage entdeckt, deren Ausläufer tief hinab in den Tural führen. Offenbar handelt es sich dabei um eine alte Minenfeste der Zwerge, die bereits vor Jahrzehnten aufgegeben wurde. Unsere Gildenwerker konnten den größten Teil der Feste wiederherstellen und nutzbar machen. Doch hätte ich mir sehr gewünscht, dass wir mehr Zeit gehabt hätten um herauszufinden, was eventuell noch alles in den tieferen Stollen hausen mag. Trotzdem bietet uns die Feste alles was wir benötigen, sollte es zum schlimmsten kommen: Eine überlegene Position, dicke Mauern, Verteidigungs- und Rückzugsmöglichkeiten und die Möglichkeit einer Versorgung über den Seeweg."

[Tannjew]

"Für wie viele weitere Personen bietet die Feste noch Platz. Und wichtiger: Wie lange könnten alle dann mit Vorräten feindlichen Angriffen standhalten?"

[Münster]

"Nun, ich denke, dass wir, wenn alle ein wenig zusammenrücken, bis zu 300 Personen in der Feste und den bisher erschlossenen Minen unterbringen können. Allerdings wird die Versorgung über den Seeweg dann äußerst heikel. Sollte sie irgendwann abbrechen, werden wir höchstens eine Woche, vielleicht zwei ausharren können!"

[Jelena]

"Und das ist der Grund weshalb ich dagegen bin! Wenn wir einmal in der Feste sind, dann hat Barad Konar uns genau da, wo er uns haben will: mit dem Rücken an der Wand! Wir werden einige Zeit sicher sein, aber Andarra und die Bevölkerung werden dem Lupus Umbra schutzlos ausgeliefert sein! Wir können keine Ausfälle durchführen, wenn wir einmal dort sind bleibt als einzige Option die Flucht außer Landes!"

[Krisz]

"Dann eine andere Frage: Wie viele Männer müssten wir dort noch stationieren, damit die Festung uneinnehmbar wird? Und wie lange würde sie das ohne Hilfe von außen bleiben?"

[Münster]

"Nun, wenn wir umgehend weitere Arbeiter und Soldaten nach Norden schaffen, könnten wir vielleicht noch einige weitere Minenbereiche freilegen und sichern, allerdings sollten wir in dieser Hinsicht äußerst vorsichtig sein!"

Robert hält kurz inne und wirft den Anwesenden finstere Blicke zu.

"In Anbetracht des Zeitfaktors, könnten wir eventuell noch Platz für weitere 100 bis 200 Personen schaffen, aber dann ist die Feste definitiv bis an ihre Grenzen strapaziert. - Um eine effektive Verteidigung zu organisieren benötigen wir 200 bis 250 Kämpfer unter Waffen. Ich rechne hierbei mit ca. 50 Spezialisten, die die umliegenden Berghänge patroullieren und sichern und weiteren 150 bis 200 Mann regulärer Streitkräfte. - Mit einem Drittel dieser Zahl könnten wir die Feste halten, aber wenn wir sichergehen wollen, benötigen wir die volle Anzahl!"

[Jelena]

"Mir scheint wir sind von meiner ursprünglichen Frage abgewichen! Ich habe gefragt ob es möglich wäre zu den caldrischen Rotten an der Droor zu stoßen, das impliziert das wir die Alten und Schwachen in die Feste schicken und nicht die Kämpfer. Also, worum diskutieren wir hier gerade? Darum, ob wir die gefährdete Bevölkerung evakuieren während wir mit unseren Kräften an die Door ziehen? Oder darum, das wir Mann und Maus in dieses steinerne Monstrum zurückziehen, in der Hoffnung die Lupus Umbra finden keinen Weg hinein?"

[Tannjew]

"Wir diskutieren darüber, wie wir zwei Probleme lösen: Die nicht kampffähigen Andarraner in der alten Feste mit ausreichend Schutz zurückzulassen während wir mit den kampffähigen Männern und Frauen dort kämpfen, wo wir das meiste erreichen können. Ich unterstütze durchaus den Plan, die nordcaldrische Front zu unterstützen, doch zuerst müssen wir sicherstellen, dass die Feste wirklich uneinnehmbar ist. Wir können von keinem der Stämme verlangen, seine Alten, Frauen und Kinder allein in der Gefahr zurückzulassen, während die Männer in der Ferne für den Schutz anderer kämpfen."

[Jelena]

"Vielen Dank für die Klarstellung. Ich unterstütze diese Denkweise voll und ganz. Wenn wir es geschickt anstellen, dann können etwa 200 Söldner für 3 Monate angeheuert werden. Wenn ich Robert richtig verstanden habe, würde diese Zahl Krieger ausreichen um die Feste zu sichern, zumindest so lange bis unsere eigenen Truppen dazustossen."
Jelena beendete ihre Ausführung und sah Robert fragend an.

[Tannjew]

Tannjew erkannte die beunruhigten Züge der andarranischen Stammesfürsten.

"Die Söldner werden wir anheuern. Allerdings werden sie nicht die Feste verteidigen. Söldner sind grundsätzlich eine schlechte Wahl für die Verteidigung einer wie auch immer gearteten Stellung. Andarraner und Reichsgardisten werden das andarranische Volk verteidigen."

[Münster]

"Tannjew hat vollkommen recht! Für die Söldner wird es andere Aufgaben geben, schließlich wissen wir alle nur zu gut, wie loyal die meisten Söldner zu ihren Herren stehen, wenn sie ein Besseres Angebot bekommen!"

Robert hielt kurz inne bevor er fortfuhr.

"Was die Nordcaldrier angeht, so stimme ich zu, dass wir dort besser Heute als Morgen intervenieren sollten. Ich habe dem Flottenkommandanten bereits Order gegeben, dass sie sich bereit halten sollen, eine größere Streitmacht in Richtung Donnerheim einzuschiffen. Hierbei wies er mich darauf hin, dass dieses Vorhaben aufgrund der Jahreszeit einige Gefahren birgt. Nichts Unmögliches, aber wir müssen mit Verlustraten von bis zu einem Viertel unserer Streitmacht rechnen, wenn wir direkt aufbrechen!"

[Tannjew]

Tannjew musste schlucken. Allein der Gedanke an ein auf den Wellen schaukelndes Schiff ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. Wie ungleich schlimmer musste da eine Überfahrt auf stürmischen Wogen sein, zumal die Gewässer entlang der engonischen Küste für ihre Tücke und Gefahren weithin von Kapitänen gefürchtet waren. Eines war klar: Sofern es sich irgendwie vermeiden ließ würde er keinen Fuß auf ein Schiff setzen. Ein Blick in die Gesichter der andarranischen Stammesfürsten machte ihm klar, dass er nicht der einzige war, der so dachte.

[Jelena]

"Ein Viertel? Das ist untragbar! Haben wir Wettermagier, die einen günstigen Zeitpunkt zum Auslaufen bestimmen können? Was nützt alle Hast, wenn sie mit so viel Blut erkauft wurde, das am Ende die Kräfte nicht mer reichen?"

[Münster]

"Wir reden hier bereits von den günstigsten Bedingungen, verehrte Kämmerin! Die meisten Kapitäne mit denen ich gesprochen habe würden lieber das Labyrinth von Pythorra mit verbundenen Augen durchfahren, als sich der nördlichen Küste Engoniens zu nähern!"

[Tannjew]

Tannjew blickte in die Runde und sah die besorgten Gesichter der Stammesfürsten. Sie hatten schon so viele Krieger ihres Volkes verloren. Noch ein weiteres Viertel an das Meer zu verlieren, dem gegenüber die meisten Engonier eine tiefgründige Abneigung verspürten, und das ohne etwas dabei zu gewinnen, würden sie nicht mittragen, dessen war Tannjew sich sicher.

Er blickte hinüber zur Wache, die neben der Tür zum Ratssaal stand. "Hol mir eine Karte!" Als der Gardist den Ratssaal verlassen hatte flüsterte er den Kommandanten der Reichsgarde eine Frage zu, die daraufhin kurz miteinander tuschelten.