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Autor Thema: Auf der Reise nach Andarra  (Gelesen 5642 mal)

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Offline Vanion

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Auf der Reise nach Andarra
« am: 09. Mai 11, 22:40 »
Vanion glaubte langsam, dass sich alles gegen ihn verschworen hatte. Kurz nachdem er die Grenze zu Tangara überquert hatte, war er auf Banditen gestoßen. Nur durch sein Pferd war er ihnen entkommen. Wenige Tage später hatte eben dieses Pferd zu lahmen begonnen. In einem Gasthaus war ihm sein Geldbeutel gestohlen worden. Er musste das Pferd verkaufen, weit unter Wert. Dann war er zu Fuß aufgebrochen - mit einer dicken Wolldecke und ein paar Rationen Trockenfleisch im Gepäck.

Er erreichte fußkrank und müde mitten in der Nacht eine kleine Siedlung. Nach minutenlangem Klopfen öffnete ihm ein alter Mann seine Tür. Überrascht wurde Vanion begrüßt und misstrauisch beäugt. Nach längerer Diskussion wurde er eingelassen. Ein Strohsack sollte als sein Nachtlager dienen.
"LARP ist nicht ein Hobby, es sind mindestens acht oder so. Ich betreibe etwa fünf davon." RalfHüls, LarpWiki.de

Offline Vanion

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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #1 am: 18. Mai 11, 04:52 »
Vanion hatte endlich Andarra erreicht. Er war auf seinem Weg durch Middenfelz so gut wie niemandem begegnet und war mehr als glücklich, endlich angekommen zu sein. Er hatte die Nacht in einem kleinen Wäldchen verbracht, wo er ein kleines Feuer geschürt hatte. Am nächsten Morgen ging Vanion los. Am späten Nachmittag erreichte er eine größere Ortschaft, die mit ihrer Betriebsamkeit eine willkommene Abwechslung zu menschenleeren Wäldern und Feldern darstellte. Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht fragte er den erstbesten Mann, dem er auf der matschigen Straße begegnete, nach einem Wirtshaus. Er wurde an ein kleines Haus in einer Seitenstraße verwiesen, mehr eine Blockhütte als eine feste Behausung. Als Vanion durch die offen stehende Tür eintrat, sah er einen sauberen Raum, in dem ein paar Tische verteilt waren, an denen ein paar Leute saßen. In der Ecke war ein behaglicher Kamin, der mit Steinen ausgelegt war, während an der anderen Seite des Raumes eine kleine, rundliche Frau mit strohblonden Locken und roten Pausbacken hinter einem Tresen stand und sich mit einem anderen Gast unterhielt.
Vanion ging zu der Frau, die ihn mit einem festen und wohlwollenden Blick musterte. Bevor er etwas sagen konnte, sprach sie ihn an.
"Na, Jüngelchen? Was treibt dich denn hierher? Siehst abgerissen aus, und Speck hast du auch keinen auf den Rippen. Bist wohl vor dem Krieg abgehauen, was?" Sie zwinkerte bei diesem Worten.
"Na, ich seh schon, du hast ein Schwert, das ham nicht viele hier. Aber trotzdem biste kein Andarrianer, das seh ich dir an. Ja nu, wo kommste denn her?"
Vanion musste unwillkürlich grinsen. Das waren Menschen, die er mochte. "Na, ich komm eigentlich aus Fanada, da wohn ich zumindest. Aber ich war vorher in Brega. Und in Engonia."
"In Engonia? Da haste aber Glück gehabt, dat du noch lebst. Die Stadt ist doch niedergebrannt und geplündert und die braven Leute da sind alle umjebracht worden!" Trotz ihrer ländlichen Redeweise sah man der Frau an, dass sie keineswegs dumm war. Ein wacher Verstand und eine gehörige Portion Bauernschläue sprach aus ihren Augen. "Na, dat hört man hier jedenfalls. Aber ich verjesse mich, ich bin schrecklich unhöflich. Also, ich bin die Helga, die Wirtin hier. Helga Glücklos. Ich weiß, der Name ist komisch. Aber mein Vater hieß schon so. Und mein Großvater. Und wenn ich's mir recht überlege, alle andern aus meiner Familie heißen auch so. Obwohl wir mit dem kleinen Stüberl hier immer Glück haben!" Sie lächelte Vanion entwaffnend an. "Und du, Jüngelchen? Wie heißt du?"
Vanion wurde immer lockerer. Er nannte der Frau seinen Namen und bestellte sich kurzerhand ein Bier. Nach und nach verstrickte er sich in ein Gespräch mit Helga und dem anderen Mann am Tresen. Irgendwann wollte Vanion jedoch zur Sache kommen, zumal er feststellte, dass er den breiten, ländlichen Akzent nun auch schon mitsprach. Je mehr Bier er trank, desto schlimmer wurde es.
"Hm, Helga? Sag mir mal grad was. Haste schonmal was von den Kogar jehört? Ein Stamm hier in Andarra soll das sein."
Helga schwieg kurz, dann bediente sie kurz andere Gäste. Einer ließ einen anzüglichen Witz los, der brüllendes Gelächter von seinen Freunden und auch von Helga erntete.
"Hm, Jüngelchen.." - sie nannte Vanion immer so. Und ein paar andere Gäste auch, unbeachtet ihres Alters - "...lass mich nachdenken."
« Letzte Änderung: 18. Mai 11, 04:55 von Vanion »
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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #2 am: 24. Mai 11, 17:31 »
"Also, die Kogar... Die findeste normalerweise östlich von hier um den Ottersee herum und an dem Otterbach entlang. Im Gegensatz zu den meesten von uns," sie zwinkert Vanion zu und zeigt auf sich, "wobei Ausnahmen die Regel beweisen, sind die ziemlich sesshaft. Anjeblich gibt es einige, die auf Pfahlbauten in den Japalsümpfen leben, aber dann nur noch tief in den Sümpfen, wejen dem Krieg. Wobei, die meisten hier in der Gegend haben einige Verwandte bei denen, sind ja schliesslich zwischen Sümpfen und See... Sach ma, da du aus Engonia kommst: Wie sieht et eigentlich aus? Man hat munkeln jehört, dass wir einen Graf bekommen haben? Das will ja einigen gar nicht schmecken. Aber mit den Schwarzblauen legt sich hier keiner an. Also erzähl mal!"
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Offline Vanion

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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #3 am: 24. Mai 11, 19:29 »
"Hm, wart noch kurz. Wenn ich jetzt, sajen wir mal, wen janz spezielles suchen würd, der auch mal außerhalb von Andarra unterwegs ist, sollt' ich dann eher Richtung Sümpfe laufen, oder meinste dann doch eher ich sollt zum Ottersee? Ich kenn mich hier nunmal überhaupt nicht aus, das ist schon was hinderlich." Vanion legte ein paar Kupferstücke auf die Theke. "Also das hier ist schonmal für das gute Bier. Habt ihr auch eine Unterkunft für die Nacht?"
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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #4 am: 24. Mai 11, 21:51 »
"Hm, gute Frage. Weisst du irjendwas über den? Beruf, Vater, Familie? Und klar habe ich eine Unterkunft."
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Offline Vanion

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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #5 am: 25. Mai 11, 16:13 »
"Ne, ich weiß nichts weiter als den Namen. Luka Flößerssohn heißt der. Und vom Beruf her - tja, er könnte Totengräber, oder Leichenüberführer sein, aber sicher bin ich da nicht. Hm, eine Frau wie du hat doch bestimmt nen kräftigen Sohnemann, der für ein paar Kupferstücke mit mir kommt und mich zu den Kogar geleitet, oder? Ich bins Leid, allein zu reisen."
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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #6 am: 31. Mai 11, 12:34 »
"Flösserssohn? Dann geh zum Ottersee, dort findest du einige Flösser. Und nein, meine Söhne brauche ich selber! So eine Schenke führt sich nicht von alleine."
Wie um ihre Worte zu beweisen zieht währenddessen ein junger Mann einen Betrunkenen am Kragen aus der Tür und wirft ihn dort in den Pferdetrog.

"Aber nun erzählt mir doch von dem Kampf um die Kaiserstadt!" Aufmerksam lehnt sie sich vor.
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Offline Vanion

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Re: Auf der Reise nach Andarra
« Antwort #7 am: 31. Mai 11, 15:17 »
Vanion dankte der Wirtin, dann fing er auch schon an, zu erzählen.
Anfangs erzählte er von der Ausrufung des Pilgerzuges, über den Marsch auf Brega, dann kam er zur Belagerung der Hauptstadt. Er schmückte aus, was nur ging, erzählte Heldengeschichten, die keine waren,
erzählte von feigen Lupus Umbra, von harten Kämpfen, tapferen Maiden und so weiter und so fort. Er hätte einem Barden Konkurrenz gemacht.
"Nun, nach der Befreiung Bregas hielt uns nicht mehr viel! Wir hatten Engonia vor Augen und wähnten Konars Kopf schon zu unseren Füßen. Nun, die Stadt war jedoch gut besetzt. Tausende schwerst gerüsteter Lupus-Soldaten, dazu Milizen mit böse aussehenden Mistgabeln und schnellen Bögen, und erst die kaiserliche Garde! Riesige Hünen, die mit Blut in den Augen und Tiors Namen auf den Lippen vorwärts stürzten... Aber ich greife vor.
Der edle Herr und Chevalier Simon de Bourvis machte sich mit einigen erlesenen, nicht weniger edlen und ehrenvollen Mannen auf. Der Schlachtplan war ausgearbeitet, und es galt, eine Bresche in die starken Mauern, in die steinernen und stählernen Bollwerke Engonias zu schlagen! Denn so sehr diese Mauern Jeldriks Männern dienten, so sehr dienten sie nun auch dem Lupus. Dieser kleine Trupp unter Herrn Simon, bei dem auch ich bei war - ja! glaubt es, oder lasst es bleiben, ich war dabei! - schaffte es, etwas einzunehmen, was voller magischem Brimborium war. Und..."
Vanion verstummte. Bilder stiegen in seinem Kopf hoch, von einem zermatschten Bein, über das sich ein brüllender Luthor beugte. Wydh, die auf ihn herabsah und nach einem kurzen "Der ist verloren..." weiter rannte. Jelena, im Kampf mit dem Tiorswolf - und die Inkarnation der Lügen, die Konar niederschlug. Die Menschen in der Taverne beugten sich vor, begierig, mehr zu hören. Vanion sprach langsam weiter, sein Blick verlor sich in den niederbrennenden Flammen des Kaminfeuers.
"Und...wir kämpften. Jeder einzelne gab sein Bestes. In den Augen eines jeden Einzelnen, der mit uns kämpfte, war eine unbeugsame Flamme. Opferbereitschaft bis zum Leben selbst. Tapferkeit. Stärke. Und Mitleid. Einige hatten sogar Mitleid. Als wir in diesem Wald kämpften, da erschlug ich selber Lupus-Soldaten. Ich kann mich noch genau an den ersten erinnern - groß, bärtig. Ich konnte ihn schnell niederstrecken. Die anderen? Fragt mich nicht, es war ein Nebel aus Blut und Schreien, den wir durchschritten. Und am Ende dieses Nebels...erschien der Kaiser selbst." Die Leute waren nun vollkommen verstummt, die ganze Taverne hörte Vanion zu. Als ein Glas vom Tisch fiel und klirrend zerschellte, zuckten einige zusammen.
"Der Kaiser selbst kam, heraufbeschworen durch Priester und Magier. Wir wollten uns auf ihn stürzen, ihn, die Verkörperung all unserer Ängste, ihn, den Schuldigsten von allen Angeklagten, ihn, den Verderbtesten der Schwärzesten zermalmen. Aber... aber..." Vanion verstummte endgültig. Er schluckte ein paar Mal, versuchte weiter zu reden, doch ihm fehlten die Worte.
"Wir alle fühlten plötzlich etwas. Es wurde kalt - und doch gleichzeitig heimelig warm! Eine rücksichtslose Geborgenheit umfing uns, die uns nicht entkommen ließ. Etwas umstrich unsere Seelen, es versprach Heil und Ruhm, es drohte mit schrecklichen Qualen. Und DANN!" Vanion wurde nun laut. "Dann kam ER! Wir trauten unseren Augen nicht! Szivar, der ewig Verfluchte selbst, schien auf unsere Welt gekommen zu sein! Er verhöhnte uns, verhöhnte Konar, spielte mit uns! Und ER war es, der Konar tötete. Er allein." Ungläubige Rufe wurden in der Menge laut. Vanion ließ die Leute reden und sich aufregen. Die größte Teil der Menge glaubte ihm, nur ein paar einzelne schienen ihn als Lügner und Hochstapler zu betrachten.
Helga forderte ihn schließlich laut auf, weiterzumachen. "Mensch, Jüngelchen! Was du da erzählst, ist spannend! Mach schon weiter, was ist dann passiert? Jib nix auf das Pack, das dir nicht glaubt. Weiter jetzt, los!"
"Der Rest ist schnell gesagt. Am folgenden Tag gelang es uns, in die Stadt einzudringen. Die Bresche war geschlagen, der Lupus in Auflösung inbegriffen. Dennoch gab kaum einer der Ordenskrieger auf. Sie sammelten ich immer wieder in Gruppen, besetzten Häuser, drohten, Frauen und Kinder umzubringen, falls wir näher kamen. Sie wollten die Tempel zerschlagen, die Stadt in eine Ruine verwandeln. Wir konnten das verhindern. Jeder einzelne verlor an diesem Tag Freunde.
Aber das war es wert. Der Tod des falschen Kaisers ist jedes einzelne Menschenleben wertgewesen! Denn jedes dieser Leben wurde freiwillig gegeben, um andere Leben zu bewahren! Darum ehrt diese Toten! Und ehrt die Lebenden! Jeden einzelnen Mann, jede Frau und jeden Knaben, der in der Armee oder im Tross des Widerstandes gedient und gearbeitet hat! Wann immer ihr einen solchen Menschen seht - ihr habt ihm eure Freiheit zu verdanken."
Mit einem Ruck stand Vanion auf und hob seinen Krug. "Auf den Pilgerzug! Auf den Widerstand! Auf Simon, auf Lorainne, auf Jelena, auf Damian, auf Rania, auf Kassos! Auf Lalaith, auf Maugrim, auf Gerhardt! Auf ALLE dieser Männer und Frauen!" Nun schauten die meisten verwirrt, nur wenige kannten diese Namen. Sie tranken dennoch.
"Nun, Helga - ich gehe zu Bett. Ich habe durch diese Geschichte genug Unruhe gestiftet, vermute ich. Sieh nur, wie aufgeregt die Männer da diskutieren."
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