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Autor Thema: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"  (Gelesen 5262 mal)

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Offline Vanion

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Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« am: 26. Jan 16, 18:00 »
Mitten in den verwinkelten Gassen Fanadas versteckte sich in einer kleinen Seitenstraße, nahe der Akademie, ein kleines Wirtshaus. "Zur Gerste" hieß es, und wer schon länger in Fanada lebte, der wusste, das dort oft Reisende untergebracht waren. Im Schankraum, der besonders in den Abendstunden gut gefüllt war, konnte man Fremde wie Einheimische treffen.

Heute jedoch waren fast nur Einheimische da und ein, zwei reisende Händler aus dem freien Andarra, die hier die Herbst- und Winterwaren ihrer Stämme verkaufen wollten. In einer Ecke saß Vanion an einem Tisch, der schon früher sein Lieblingstisch gewesen war. Er saß ganz hinten, mit dem Rücken zur Wand, und hatte sich in seinen dicken, grünen Wollmantel gehüllt. Denn obwohl das Feuer im Kamin hell brannte, ihm war doch kalt. Nur halbherzig lauschte er den Gesprächen am Tisch: grade erzählte der dicke Tom, dass eins seiner Pferde unter hohen Schwierigkeiten gefohlt hatte, und schon fiel Daron, der Sohn eines Müllers mit ein. Die Mühlsteine seien ja kaum noch zu bedienen, sagte er, ständig würden sie sich verkanten, doch sein alter Herr würde niemandem außer sich selbst erlauben, den Schaden zu richten. Dummerweise war sein alter Herr wirklich alt, weit über sechzig, und kaum noch in der Lage, gradeaus zu sehen. Genervt von den alltäglichen Themen schnaubte Vanion, was ihm ärgerliche Blicke der anderen beibrachte und einen bissigen Kommentar von Tom:

"Auf dem Bachlauf-Hof, da hat man ja keine Probleme, nicht wahr? Mutter Bachlauf führt den Hof ja. Und der Sohnemann vom Rübenbauer draußen, der ja auch, der hat ja.. welche deiner Schwestern hat der nochmal geheiratet?!"

Ungerührt sah Vanion zurück in Toms düsteres Gesicht. Die finstere Miene des breiten Mannes beeindruckte ihn nicht im Geringsten.
"Isabelle war es. Meine ältere Schwester. Sie könnte den Hof auch führen, geschickter als du ist sie allemal, Tom!"

Die anderen lachten unsicher, doch Vanions Miene blieb ernst und auch gelangweilt. Diese Gespräche, sie waren so.. alltäglich. Öde.
Dieser Brief...
Sollte er das tun? Nach allem, was er erlebt hatte, erschien es ihm ungerecht, so von oben herab angesprochen zu werden. Doch dann saß er hier herum, trank Bier mit seinen Freunden.. oder eher Bekannten. Seit er in den Krieg gezogen war, hatte er sich verändert. Und diejenigen, die hier geblieben waren, nun - die waren mit anderen Dingen beschäftigt. Kartoffeln, Weizen, fohlende Pferde...

Erst jetzt bemerkte er, dass Tom ihn wütend anfunkelte. In seinen Gedanken versunken, hatte er die Erwiderung des Dicken gar nicht mitbekommen. Noch bevor Vanion nachfragen konnte, was er überhaupt verpasst hatte, fuhr Tom ihn an:
"Jaja, der feine Herr, denkt, er sei was besseres! Steht über uns drüber, hm, weil er eine Axt hat und ein Pferd, weil er das Wappen eines Ritters trägt, hm? Wo ist das eigentlich? Hab Geschichten gehört über dich, ja.. warum bist du jetzt wieder hier? Genug vom Rockzipfel deiner Rittermutter?"
Vanion wusste genau, er sollte ruhig bleiben. Er hatte Tom bloßgestellt vor seinen Freundein, sich über ihn lustig gemacht. Tom wollte sich prügeln, er hatte auch schon einen im Tee. Nachgeben, beruhigende Worte finden, vielleicht auch aufstehen und nach Hause gehen.

Stattdessen landete seine Faust zielsicher im Gesicht des teigigen Mannes. Mit einem Knirschen brach Toms Nase, doch der ließ sich gar nicht beirren. Sofort stieß er Vanion von sich. Schon wollte Vanion aufspringen, um sich eine zünftige Prügelei mit Tom zu liefern, doch plötzlich packten ihn fünf, sechs Hände und zerrten an ihm. Noch bevor er sich wundern konnte, warum es so viele Gegner waren, landete er hochkant auf dem kalten, gefrorenen Lehm der Gasse. Noch während er sich aufrappelte, schlug die Tür hinter ihm zu.

Zwischen ihm und der Tür standen Tom, der sich die blutende Nase hielt, Daron, die Fäuste geballt, und der Wirt mit einem Knüppel in der Hand.
"Merde! Vous trois?!", zischte der ehemalige Knappe. Dann erst besann er sich, dass hier niemand caldrisch sprach. "Zu dritt? Seit wann ist eine Prügelei zwischen zwei Freunden eine Sache für mehr als zwei Freunde?"
Doch die abweisenden, verschlossenen Gesichter ließen ihn erkennen, was hier los war. Das waren nicht seine Freunde. Das waren nicht mal Bekannte. Seit Wochen hatte er das Gefühl, mit niemandem hier reden zu können. Die Leute interessierten sich für das Wetter, für Vieh und Getreide, und für Gerüchte, die man über die Ayd'Owl hörte. Alles andere war fremdländisches Gewäsch, seltsame Dinge, aus denen sich die Leute hier heraushalten wollten. Er hatte zu oft gehört, was man über den Sohn des alten Barak hier so raunte, der in die Welt geritten war, und dann wie ein geprügelter Hund zurückgekommen war, um nicht zu verstehen, was hier vor sich ging.
"Ihr..ich hab mit euch gespielt, wir haben Ritter und Magd gespielt, wir haben die Schafe drüben vor'm Osttor scheu gemacht! Und jetzt wollt ihr mich verprügeln!?"
Betreten sahen die drei sich an, dann ergriff der Wirt das Wort.
"Vanion, verschwinde. Das hier ist 'ne Kneipe für gute Tangarer, nichts für solche wie dich. Du hättest mal lieber bei deiner Mutter sein sollen, als dein alter Herr gestorben ist, und ihr beim Hof unter die Arme greifen sollen. Du bist ein Tunichtgut, ein Glücksritter, das brauch' ich nicht in meinem Laden. Ehrbare Leute will ich haben, nicht so Vagabunden wie dich."



Keine drei Tage später brach Vanion von seinem Hof auf. Nein, dort gehörte er wirklich nicht hin.
« Letzte Änderung: 26. Jan 16, 18:09 von Vanion »
"LARP ist nicht ein Hobby, es sind mindestens acht oder so. Ich betreibe etwa fünf davon." RalfHüls, LarpWiki.de

Offline Rikhard Kraftweber

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #1 am: 30. Jan 16, 19:16 »
Seltsamer Kerl, der da rausgeflogen ist, dachte Rikhard nur. Dann zuckte er mit den Schultern, drehte sich wieder um, und trank seinen Wein. Er mochte diese Kneipe, sie war sauber, aber nunmal auch ein wenig teurer.

Wie immer saß Rikhard alleine an seinem kleinen Tisch. Wie immer hatte er einen Eintopf bestellt, und wie immer hatte er sein Stofftaschentuch fein säuberlich gefaltet auf seinen Schoß gelegt, um sich beim Essen bloß nicht zu bekleckern. Nun, sein Teller war leer, und er hatte Wein, doch entschieden hatte er sich immer noch nicht.

Gedankenverloren spielte er mit einer silbernen Münze zwischen seinen Fingern herum. Dieser Brief..

Was sollte er nun tun?

Offline Anders

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #2 am: 31. Jan 16, 16:20 »
Runa:

Runa zog den Umhang enger um sich. Eigentlich wollte sie um diese Stunde nicht mehr draußen herum laufen. Es war sehr windig und außerdem hatte es vorher schon nach Regen ausgesehen. Seufzend überquerte sie die letzte Straße zum Gasthaus. Sie hoffte wirklich, dass die Aussage Rikhard sei hier, stimmte. Sie hatte keine Lust ihm durch die ganze Stadt nachzujagen. Vielleicht hätte sie bis morgen warten sollen... und ihn vor oder nach dem Unterricht abfangen.
Sie öffnete die Tür und trat ein. Ein kurzer Blick durch den Raum zeigte ihr das Rikhard wirklich hier war. //Aine sei Dank!//
Sie würde das ganze besser schnell hinter sich bringen. "Rikhard.", sagte sie und trat an seinen Tisch. Vor ihm lag ein Brief, allerdings konnte sie nicht erkennen von wem er stammte oder welchen Inhalt er hatte. "Gut das ich euch hier finde."
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Offline Rikhard Kraftweber

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #3 am: 31. Jan 16, 17:05 »
"Runa!" Hastig zog Rikhard den Brief vom Tisch und stopfte ihn in seine Tasche. Dabei ließ er ungeschickt die Münze zu Boden fallen, sie rollte unter dem Tisch entlang direkt vor Runas Füße. "Äh.. ja, ich bin öfters hier. Was ist denn los?"

Offline Anders

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #4 am: 31. Jan 16, 17:33 »
Runa:

Runa beobachtete überrascht wie Rikhard den Brief den Münzen vorzog. Was war das denn? Woher kam denn dieses Verhalten? Anscheinend war der Brief doch wichtiger als sie vermutet hatte, nur konnte sie sich nicht vorstellen von wem Rikhard wichtige Briefe bekommen sollte. Zu seiner Familie pflegte er keinen Kontakt und wenn es etwas wegen der Akademie gewesen wäre hätte man sicher mit ihm geredet. Sie konnte sich auch nicht wirklich vorstellen, dass es einer dieser kindischen Briefchen war die zwischen den Schülern hin und her geschoben wurden wenn es um heimliche Treffen in... ach egal. Schnell schob sie den Gedanken bei Seite, ehe sie rot werden konnte, ging in die Hocke und las die Münzen auf.
"Nichts, weltbewegendes.", meinte sie und drückte Rikhard die Münzen in die Hand. "Magister Teldan lässt fragen ob wir das Treffen morgen auf übermorgen verschieben können. Ihm ist etwas wichtiges dazwischen gekommen. Ihr wart nicht auf zu finden, sonst hätte er es euch sicher selbst gesagt."
Was die Frage aufwarf wo Rikhard gesteckt hatte. Nicht das es sie interessierte aber normalerweise verließ er das Akademiegelände eher selten...
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Offline Rikhard Kraftweber

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #5 am: 31. Jan 16, 20:19 »
"Ah, gewiss. Nun, also.." Rikhard hatte sich merklich gefangen. Einzig seine Hand, die in der Tasche steckte und an dem Brief herumfummelte, deutete auf seine innerliche Nervosität hin. "Also, gewiss, ja. Natürlcih können wir das verschieben. Es ist ja nicht so, dass ich wichtige Termine hätte oder gar mit jemandem verabredet wäre. Pah, soweit kommt es noch."

Die Münzen nahm Rikhard dankend entgegen. Die zwei, drei Kupfermünzen waren matt und abgegriffen, doch das helle Silberstück glänzte gradezu verräterisch im flackernden Feuerschein. Ein prüfender Blick in Runas Gesicht verriet ihm, dass sie wachsam, vielleicht argwöhnisch war. Oder bildete er sich das nur ein? Verdächtigte man ihn bereits? Wegen dieses Briefes? Nein, das konnte gewiss nicht sein. Runa gehörte außerdem doch zu den Guten. Wie Gorix! Nicht zu den schlechten mit der Tendenz zum Bösen, wie Kydora gewiss eine war..

Offline Anders

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Re: Winter 266 n.J., im Wirtshaus "zur Gerste"
« Antwort #6 am: 31. Jan 16, 20:42 »
Runa:
Silber? In Rikhards Besitz? Wieder einmal war Runa ein klein wenig dankbar für ihre strenge Erziehung die verhinderte das sie jetzt das Gesicht verzog. Hatte Rikhard eine Arbeit angenommen um sein Studium zu finanzieren. Einen kurzen Blick später über seine Kleidung und seine Hände verwarf sie die Idee wieder. Nein... das entsprach auch nicht wirklich seinem Charakter. Er arbeitete geistig und das hart, konnte körperlicher Arbeit aber wohl nichts abgewinnen.
Auf seinen Kommentar zu zwischenmenschlichen Dingen konnte sie ein Seufzen nur knapp unterdrücken.
"Nun... dann ist das ja geklärt. Ich werde Magister Teldan eine Notiz hinterlassen.", meinte sie.
Trotz allem verhielt er sich komisch. So... als wäre die Situation neu für ihn und nicht gewohnt. Wie ein Kunde der nicht wusste welchen Preis er für seine Ware verlangen konnte. Vielleicht war sie auch nur müde. Oder ihre Gedanken nicht ganz bei ihr. Trotzdem...
"Dann... wünsche ich noch einen schönen Abend?"
Da er ihr keinen Platz angeboten hatte ging sie nicht davon aus das das Gespräch andauern würde. Selbst wenn... ach bei den Götten. Mittlerweile spielte es eh fast keine Rolle mehr, dass man sie zusammen sah. Seit sie einen gemeinsamen Tutor hatten blieb das ja kaum aus.
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