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Autor Thema: Die Ayd'Owl, vor den Geschehnissen in der Baronie Feuerklinge  (Gelesen 9645 mal)

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Offline Rikhard Kraftweber

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Konzentriert saß Rikhard auf einem Schemel. Vor ihm stand ein Schachbrett, und die komplizierte Stellung darauf machte ihm zu schaffen. Sein Gegner spielte wirklich gut - er schien jeden seiner Züge zu kennen, genau zu wissen, wo Rikhard angreifen wollte, und noch besser zu wissen, wo die Schwachpunkte in Rikhards Verteidigung waren.

Seine Leichtfiguren deuteten bereits auf den Königsflügel des Gegners, Läufer und Springer hatten großartige Möglichkeiten! Hätte er doch nur zwei Züge gleich hintereinander, sein großartiger Plan wäre unaufhaltbar. Doch sein Gegner kämpfte verbissen, Zug um Zug, und während ihm nicht nur eine brillante Verteidigung glückte, marschierten seine Türme nach vorne und machten Rikhards Bauern zu schaffen.

Der Magier sah auf, und wenn ihm gegenüber jemand gesessen hätte, würde er ihm jetzt einen anerkennenden Blick zollen und leicht den Kopf neigen, um zu zeigen, dass er den Intellekt und die Finesse seines Gegners schätzte.

Doch er spielte alleine - gegen sich selber.

Der Gemeinschaftsraum, in dem er saß, leerte sich zusehends. Noch immer musste sich Rikhard hämische Bemerkungen von vielen Seiten anhören, aber es war nicht mehr die hasserfüllte Abneigung wie früher, sondern eher eine Art ...vorsichtige Ablehnung. Nach wie vor neidete ihm man seine schulischen Erfolge, und jede noch so wohlgemeinte Bemerkung von ihm war unwillkommen. Aber je schweigsamer er wurde, desto freundlicher wurden die Menschen um ihn herum - oder zumindest weniger feindselig.

Irgendwann fröstelte es ihn, und er warf einen Blick vom Schachbrett weg auf den Kamin, der arg heruntergebrannt war. Unbegeistert stellte er fest, dass es bereits sehr spät war, und die anderen Schüler wohl bereits zu Bett gegangen waren. Er seufzte, dann stand er auf und legte zwei frische Holzscheite auf die Glut, beugte sich vor und blies herzhaft hinein. Wie stets, wenn er diesen charakteristischen, freuigen Geruch in der Nase hatte, und wie stets, wenn er das Knacken und Zischen hörte und die Hitze spürte, glitt sein Geist zurück in die Stätte seiner Geburt.

Dort hätte niemand Schach gespielt... bei diesen ungehobelten, ungeschlachten Barbaren hätte man mich dafür ausgelacht!

Noch einmal seufzte er, dann schritt er zurück zu seinem Schemel, stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte das Gesicht in seine Hände. Der Turm.. wenn ich meine Dame opfere, und meinen Läufer - dann kann ich ihn ersticken! Sein König wird fallen!

Dass Kydora immer noch in einer Ecke des Raumes saß und ihn beobachtete, bemerkte Rikhard überhaupt nicht.

Offline Kydora

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Kydora folge mit ihrem Blick Rikhard, der gerade dafür sorgte, dass das Feuer nicht ausgehen würde.

Dann widmete sie sich wieder ihren Kritzeleien auf ihrem Schoß. Doch mit dem Leerwerden des Raumes, schien auch ihre Motivation noch weiter zu Zeichnen zu gehen. Sie seufzte leise. Wäre sie wenigstens müde. Dann könnte sie jetzt einfach zu Bett gehen. Sie fasste einen Entschluss und verstaute dann ihre Sachen.

Ruhig ging sie die kurze Strecke zu dem Silvanajer herüber. Bliebt stehen und beobachtete, wie er offenbar angestrengt über etwas nachzudenken schien. Ihr Blick fiel auf das Brett, das vor ihm auf dem Tisch lang. Sie hatte schonmal gesehen, wie andere Leute ähnlich nachdenklich vor so einem Brett saßen. Aber es waren immer zwei gewesen. Rikhard hatte den ganzen Abend alleine hier gesessen und offenbar mit sich selber gespielt. Wenn es denn überhaupt ein Spiel war. Dafür wirkte es doch irgendwie zu ernst.

Dann nahm Kydora gegenüber von Rikhard Platz.

"Das ist Schach, oder?", fragte sie freundlich. "Ich hab das schon mal gesehen, aber da haben immer zwei an einem Brett gesessen..."

Offline Rikhard Kraftweber

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Rikhard zuckte zusammen, als Kydora ihn ansprach, und stieß dabei die Figuren um. Die Stellung (die für ihn so gut - oder auch so schlecht) ausgesehen hatte, zerbrach, als die kleinen Figürchen zu Boden fielen.

Einen Fluch verkniff er sich. Er murmelte irgendetwas unverständliches zu Kydora, dann glitt er rasch auf alle Viere herunter und begann, unbeholfen auf dem Boden nach den Figuren zu fischen.

"Ja, das - ach, komm schon, wo ist der Springer? - Das ist Schach. In zivilisierteren Teilen der Welt kennt man es, und man spielt es tatsächlich zu zweit. Aber ich bin ein wenig zu gut in diesem Spiel, mit mir will niemand spielen."

Offline Kydora

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Kydora zuckte ebenfalls kurz zusammen als Rikhard sich erschrak. Dann ging sie ebenfalls runter zu Rikhard um ihm zu helfen die Figuren einzusammeln.

"Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken... Man kann so gut sein, dass keiner mit einem spielen will?"

Sie nahm eine Figur vom Boden auf und betrachtete diese nachdenklich. "Was macht das Pferd?"

Offline Rikhard Kraftweber

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Rikhard richtete sich auf, dann sah er Kydora prüfend an. Schlau war sie, keine Frage. Und Schach konnte ihr gewiss helfen, sich ein wenig adäquater zu benehmen. Und der Herr Stauffer würde es bestimmt gerne sehen, wenn Kydora sich endlich mal bewusst würde, dass sie immerhin als Teil der Akademie wahrgenommen wird und auch nach außen diesen Eindruck vermitteln sollte...

"Also, das Pferd. Auch Springer genannt. Du siehst dieses Feld hier?" Er wies auf das Schachbrett. "Es hat vierundsechzig Felder. Der Springer kann jeweils zwei Felder in eine grade Richtung gehen, ganz gleich, ob vor oder zurück, links oder rechts. Und wenn er das gemacht hat, kann er noch ein weiteres Feld zu einer Seite gehen, entweder links oder rechts. Außerdem ist er die einzige Figur, die über andere Figuren hüpfen kann - weswegen er nunmal nicht Pferd, sondern eben Springer heißt. Verstanden?" Rikhard führte ein paar Züge vor, wobei er verschiedene Figuren zur Hand nahm.

"Das hier ist der Turm. Der geht nur grade Linien..." Nach und nach erklärte Rikhard Kydora die Figuren. Er ließ sich Zeit, und Kydora musste sich die ein oder andere bissige Bemerkung über Silvanaja und den Mangel an Bildung in diesem Volk anhören.

Doch sie war schnell. Selbst die Feinheiten, wie die Rochade, oder das en-passant-Schlagen einer Figur, hatte sie bald verstanden. Widerwillig musste Rikhard eingestehen, dass Kydora wirklich nicht so dumm war, wie sie in seinen Augen aussah.

Als er fertig war, nahm er wieder Bezug auf das, was Kydora ganz am Anfang gesagt hatte:
"Ja, man kann so gut sein, dass niemand mit einem spielen will. Ich glaube, hier gibt es keinen Schüler, der mir auch nur ansatzweise das Wasser reichen kann in diesem edlen Spiel. Bisher konnte es jedenfalls noch niemand."
Amüsiert sah er sie an. "Möchtest du es ausprobieren?"

Offline Kydora

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Kydora setzte sich wieder gegenüber von Rikhard an den Tisch, als dieser ihr erklärte, was ey mit den Pferd, beziehungsweise dem Springer zu tun hatte.

Sorgfältig lauschte sie seinen Ausführungen. Versuchte seine Bemerkungen über Silvanaja so gut es ging zu ignorieren. Irgendwas musste sie halt in Kauf nehmen, wenn sie wissen wollte, wie dieses Spiel funktionierte.

Angestrengt blickte sie von dem Brett auf, als Rikhard fertig mit erklären war. Ihr rauchte ein wenig der Kopf und doch hatte sie das Gefühl, zumindest die grundlegenden Sachen verstanden zu haben.

"Keiner kann dir das Wasser reichen? Stellt sich die Frage, warum ausgerechnet ich es dann versuchen sollte..." Ihr Blick fiel wieder auf das Brett. "Ich gehe zwar schwer davon aus, dass es schnell vorbei sein wird, wenn du wirklich so gut bist, wie du sagst. Aber ich will es trotzdem versuchen. Immerhin kann ich so auch direkt gucken, ob ichs verstanden habe."

Sie blickte ihn verschmitzt an. "Wer fängt an?"

Offline Rikhard Kraftweber

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"Zum Schach gehört mehr als nur die Fähigkeit, Figuren nach vorne zu bewegen. Aber gut, das wirst du früh genug selber sehen."
Er reichte ihr die Hand, um ihr ein gutes Spiel zu wünschen. Es wunderte ihn nicht, dass Kydora ihn daraufhin verwirrt ansah, und großherzig, wie er war, erklärte er es ihr.
"Die weißen Figuren ziehen immer zuerst. In diesem Fall liegen die weißen bei mir - also begine ich."

Und schon schob er den Königsbauern zwei Felder nach vorne (Bauer e2-e4).

Offline Kydora

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Unsicher betrachtete Kydora das Brett und dachte nach. Doch nach einem kurzen Moment entspannte sie sich wieder. Es war schließlich nur ein Spiel. Entweder gewann sie oder sie verlor. Fertig.

Vorsichtig zog sie ihren eigenen Königsbauern auch nach vorne. (Bauer e7-e6)

Offline Rikhard Kraftweber

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Die beiden spielten eine Weile. Nach den ersten Zügen umspielte bereits ein siegessicheres Lächeln Rikhards Lippen. Als Kydora den Bauern auf der f-Linie zwei Schritte vorzog, sah er sie ungläubig an. "Diesen Zug spielst du?"

Er grinste breit, als Kydora unsicher nickte. "Man merkt wirklich, dass du dieses Spiel nicht beherrschst. Deine Züge sind unbedacht. Ich weiß nicht, was du tust, während du nachdenkst, aber du solltest wirklich einmal versuchen, eine gewisse analytische Sorgfalt warten zu lassen." Sein e-Bauer schlug en passant. "Siehst du? Schon ist der Bauer weg."
 
Rasch griff Kydora zu ihrem Springer und schlug nun ihrerseits Rikhards Bauern, dann sah sie ihn herausfordernd an. Eins zu eins getauscht, schien ihr Blick zu sagen, doch Rikhard lächelte nur amüsiert. Dann nahm er den Läufer in die Hand und schlug den Bauern auf der g-Linie.

"Schach, Kydora. Dein König wird angegriffen."

Zitat von: Die bisherige Partie
1. e2-e4 # e7-e6
2. d2-d4 # d7-d5
3. e4-e5 # g7-g6
4. Sf3 # h7-h6
5. Ld3 # Sc6
6. c2-c3 # h6-h5
7. 0-0 # f7-f5
8. e x f5 en passant f6 # S x f6
9. L x g5+
« Letzte Änderung: 22. Apr 16, 11:47 von Rikhard Kraftweber »

Offline Kydora

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Innerlich grummelte Kydora. Rikhard hatte leider recht und wirklich analytisch ging sie das Ganze nicht an. Aber dies war nicht der Zeitpunkt, ihm Recht zu geben... Sie wussten beide, dass er recht hatte, das musste nicht extra erwähnt werden.

Sie verfolgte, wie er seinen Läufer in die Hand nahm und zog. Dann sah sie überrascht die aktuelle Spielsituation an. Ihr Blick glitt zu Rikhard und sie starrte ihn ungläubig an.

"Schach? So schnell?"

Wieder glitt ihr Blick auf das Brett. Sie wollte den König nicht ziehen, doch sah sie keine andere Möglichkeit. Sie versuchte zu entscheiden, auf welches Feld sie ihn jetzt ziehen sollte und entschied sich dann für eines. Sie zog den König diagonal aus dem Schach heraus und warf Rikhard einen Blick zu, um zu erraten, wie er den Zug zu bewerten schien.

Offline Rikhard Kraftweber

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Kydora bewegte also ihre Figuren, und die beiden spielten weiter.

König nach d7, um dem Schach auszuweichen. Kalt sah Rikhard auf das Brett, dann musterte er Kydora. Kurzerhand wanderte sein Läufer über das Feld, nach g5, und erzeugte Druck auf den Springer. Kydora dachte nach und dachte nach, und dann - zog sie den b-Bauern zwei Felder vor, auf b5.

"Was für ein irrationaler und unbedachter Zug", lautete Rikhards Urteil.

Zeit, die schweren Figuren in Angriffsstellung zu bringen. Sein Turm wanderte also auf e1. Die Silvanaja-Frau schien das gar nicht zu erkennen, kurzerhand bewegte sie ihren Springer auf e7, wohl um Rikhards Läufer anzugreifen. Nun zeigte sich ein wölfisches Grinsen auf seinem Gesicht.

"Sieh zu und lerne, Barbarin!" Triumphierend bewegte er seinen Springer nach e5, mit Schach. "Und nun musst du deinen König schon wieder in Sicherheit bringen." Kydora sah zweifelnd auf das Brett, und ungeduldig sagte Rikhard: "Du hast doch nur die Möglichkeit, deinen König auf das Feld d3 zu ziehen. Und dann fällt deine Dame."
« Letzte Änderung: 22. Apr 16, 14:14 von Rikhard Kraftweber »

Offline Kydora

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Sie legte nachdenklich die Stirn in Falten und schaute angestrengt auf die Figuren. Es musste doch eine andere Möglichkeit geben. Im Kopf fing sie an, die möglichen Wege der Figuren durchzuspielen, doch fand sie keine andere Möglichkeit. Sie seufzte kurz.

"Ist ja schon gut..." Ernüchternd zog sie ihren König nach d3 und gestand damit ungewollt Rikhard zu, dass er schon wieder recht hatte.

"Na los, dann nimm dir halt die Dame. Du scheinst es ja kaum erwarten zu können."

Offline Rikhard Kraftweber

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"Pah. Die Dame... verlockend, aber warum sollte ich dir jetzt so eine wichtige Figur nehmen?" Genüsslich grinste er sie an. "Nein, nein. Ich denke..."

Er nahm den Läufer in die Hand und schlug kurzerhand den Springer auf f6.

"...ich denke, dass es lehrreicher ist, wenn du den Wert einer Figur zu schätzen lernst. Glaub mir, gewinnen werde ich so oder so. Aber du willst doch etwas lernen, nicht wahr?" Nicht wahr, du kleine, dumme Silvanajer-Frau?

Offline Kydora

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Kydoras Gefühle kochten hoch und sie schnaubte kurz. Arrogant wie eh und je. Kurz überlegte sie, einfach aufzustehen und zu gehen. Doch...nein. Sie funkelte Rikhard an. War er auch noch so arrogant, so war Kydoras Ehrgeiz mittlweile geweckt. Sie wollte dieses Spiel lernen und besser werden. *Es ist genauso wie immer mit den Rätseln und Geschicklichkeitsspielen*

Ihr Blick entspannte sich und ihre Emotionen beruhigten sich wieder. Sie würde lernen, ohne Frage. Sie widmete sich wieder der Situation auf dem Brett. Nachdenklich ging sie im Kopf die Möglichkeiten durch. Lange würde dieses Spiel nicht mehr dauern. Da war sie sich sicher. Dann fiel ihre Entscheidung und sie zog den Turm nach h6.

Offline Rikhard Kraftweber

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"Bei den Göttern! Ich hab dir doch grade noch gesagt, dass ich einfach deine Dame nehmen könnte - und du siehst es nicht einmal! Ich könnte es immer noch tun!"

Dann sah Rikhard noch einmal auf das Brett.

"Aber andererseits... manche Leute lernen nunmal nur durch Schläge, wie mein Vater immer sagte. Und sture Silvanajer-Schädel muss man wohl auf die unangenehme Art belehren."

Er bewegte die Dame nach b3.