Die Gebiete in Caldrien > Das Fürstentum Middenfelz

Spätsommer 267 nach Jeldrik, Tailon Orikos

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Kadegar:
Die Sonne schien schon einige Stunden als der Tross sich langsam auf den Weg machte das improvisierte Lager der Wächter des Schwarzen Mondes zu verlassen. Im Gegensatz zur Nacht davor war die letzte Nacht sehr ruhig. Keine von Pflanzen durchdrungenen Leichen, keine Kultisten und auch sonst keine störenden Besucher. Lediglich das eine oder andere Tier, das sich in der Nacht neugierig an das ruhende Lager geschlichen hat. 

Nun ging es aber zum nächsten Ziel: Das Hauptlager der Wächter. Nach dem Tod von Nicolas und vielen seiner Anhänger waren noch zu viele Fragen offen um einfach umzukehren und die möglichen Antworten waren nur wenige Stunden Fußmarsch entfernt.


Es dauerte nicht lange bis sich die Umgebung zu ändern begann. Viele Bäume hatten schon dunkles Laub an den Ästen. Auch wenn der Herbst nicht mehr fern war, so sollten die Bäume hier eigentlich noch das gewohnte Grün tragen. Auch wenn keine finstere Magie, Aura oder Vergleichbares zu spüren war, so war es nicht schwer zu erkennen, dass hier etwas Unnatürliches passiert ist. Schon bald zeigte sich ein Anblick, der den Reisenden inzwischen bekannt, jedoch ebenso unnatürlich vorkam. Von Zeit zu Zeit waren immer wieder Leichen mit den Farben der Wächter zu sehen, meist einzeln im Wald liegend, doch hatten sie neben dem Tod sein eine weitere Gemeinsamkeit. Sie alle waren von den Ranken überzogen, welche die Angreifer der letzen Tagen ebenfalls trugen, mit dem Unterschied, dass diese Ranken alle abgestorben waren. Ein geschulter Spurenleser konnte womöglich feststellen, dass diese Gestalten eher ziellos im Wald umhergeirrt waren und, was ebenfalls fähige Naturkundige oder auch Heiler sehen konnten, dass all diese Leichen noch keinen Tag auf dem Boden lagen. Nach keinen drei Stunden machte der Tross erneut halt. Ein bekannter Ort zeigte sich vor ihnen: Das Lager der Wächter des Schwarzen Mondes. Doch nichts schien mehr so wie sie es in Erinnerungen hatten. Die Holzhütten, die erbaut wurden um den Wächtern Unterschlupf zu bieten, waren zerfallen. Fast jeder Holzbalken war morsch und am eigenen Gewicht zerbrochen. Trümmer und Bruchstücke lagen wild verteilt und es machte den Eindruck, dass dieser Ort schon seit vielen Jahren verlassen war. Länger als dieses Lager überhaupt stehen sollte. Und auch die Ruine in dem der Schwarze Mond stand war nicht mehr die Alte. Um genau zu sein war sie gar nicht mehr. Ein Krater ist alles was von dem alten Tempel noch übrig war. Kein Zeichen des Schwarzen Mondes, kein Zeichen der alten Ipek Bauten. Als der Trupp sich dann weiter näherte, fielen immer mehr Besorgnis erregende Beobachtungen auf. Sie näherten sich einer harten Grenze am Boden. Apprupt wechselte der leicht gealterte Waldboden zu einer toten grauen Fläche, hinter der nicht nur das Lager der Wächter begann, nein hier endete scheinbar jegliches Leben. Die mitreisenden Magier werden diese Barriere schnell als das identifiziert haben, an dessen Reaktivierung sie vor wenigen Stunden noch mitgearbeitet haben. Eine Schutzkuppel um den Schwarzen Mond oder vielmehr um den Ort an dem der Schwarze Mond einmal stand. Denn soviel war sicher: Der Schwarze Mond existierte nicht mehr. Eben so wenig wie seine Wächter, denn auch nach intensiver Suche in der Umgebung, gab es in diesem Wald nur noch Leichen die größtenteils die Farben der Wächter trugen. Der ein oder andere hatte in seinen Habseligkeiten ein Abzeichen der Jünger der verborgenen Sicht dabei.


Wie man es auch drehen und wenden wollte, hier endete die Reise zum schwarzen Mond.

Vanion:
Das Auge Alamars war längst untergegangen. Mutig war Svenja vorausgeschritten, und Destus und Vanion hatten keuchend das Bruchstück der Stele hinterdreingeschleppt. Hinter ihnen hatten sie das Rasseln der Kettenhemden und die schweren Stiefel der Söldner gehört, die mit ihnen aufgebrochen waren. Was für ein wahnwitziger Plan war das nur? Gorix wollte alleine, möglichst unbemerkt und hinter seinen Schutzzaubern geborgen, dieses seltsame Konstrukt reaktivieren. Vanion konnte immer noch nicht so recht fassen, dass er diesem Plan zugestimmt hatte. Aber schließlich war Gorix nicht nur der Herr Baron, den der Herr Ritter schützen sollte, sondern eben auch ein mächtiger Magier und, auch das war Vanion sehr bewusst, um einiges kompetenter als der Chevalier.

Vanion konnte kaum glauben, dass sie unbehelligt bis zu dem Ort gekommen waren. Und auch, während Gorix seine Magie wirkte und Vanion neben Destus angestrengt in den schwarzen Wald hineinstarrte, wurden sie nicht gestört. Ein gutes Zeichen, fand Vanion, und er war um einiges zufriedener und gelöster, als die Gruppe, nun ohne Gorix, sich auf den Weg zurück zum Lager machte. Nach und nach fiel die Anspannung von allen ab, und je näher sie dem Lager kamen, desto fröhlicher wurden sie. Svenja, Destus und Vanion scherzten miteinander, knufften sich und foppten einander.

Und dann schälten sich aus der Dunkelheit vor ihnen Gestalten. Ihre Augen glühten, und auf ihrer Stirn prangte, eingeschnitten oder eingebrannt, das Auge des Täuschers. Viel zu viele, um zu hoffen, den Kampf lebendig zu verlassen. "Lauft", rief jemand, Vanion wusste nicht, wer. Während er selbst rannte, verlor er Destus aus den Augen, aber der Ritter wusste, dass Destus flink und geschickt war. Und dann gellte ein Schrei durch die Nacht, und Vanion sah, wie Svenja zusammenbrach. Sofort eilte er zu ihr, wehrte die ersten Schläge ab, aber es war völlig hoffnungslos. Viel zu viele Feinde. Von allen Seiten prasselten Schläge auf ihn herab, und das letzte, was er sah, war das Glänzen einer Klinge, die den Sternenhimmel auslöschte.


Und dann fühlte er Dunkelheit. Und Wasser! Panisch japste er nach Luft, als er begriff, dass er schwomm. In einem Meer war er, und wohin er seinen Blick auch richtete,
nirgends war ein Ufer zu erkennen. Grade, als er unterzugehen drohte, griff etwas nach seiner Hand. Ein warmer, weicher Griff war das, liebevoll und sanft, aber auch stark! Vanion wurde emporgehoben - und dann hörte er ein wütendes Wolfsknurren, laut wie der Donner. Der Frieden, der ihn durchströmt hatte, zeriss wie ein Nebelschwaden im frischen Wind, und plötzliche Hitze durchdrang Vanion. Es war, als würde sein Blut brennen! Verschwunden war das Meer, verschwunden war die Hand Lavinias, und alles, was er spürte, war Hitze und Flammen und Feuer und Wut. Und dann schlug er die Augen auf und sah in Maugrims Gesicht.

Irgendetwas hatten die Magier getan. Und Vanion hatte dabei geholfen, den Ritualkreis zu schützen. Hatte sich Kultisten und Dämonen entgegengestellt, mit dem Feuer Destruteps im Blut, dem Segen Alamars im Arm, und dem Segen Nedras auf seinem Herzen. Es war nicht verwunderlich, dass der Ritter, nachdem die Strapazen der ständigen Kämpfe, der Blutwurzeln, des Gifts und der Krankheiten endlich überwunden waren, in einen tiefen Schlummer gefallen war, und nun lag er zwar wach, aber völlig zerschunden auf einem der Karren des Trosses. Immer noch brannte es in seinen Adern, und Vanion reagierte unwirsch und zornig auf seine Umgebung.
Dieses ständige Kribbeln sorgte auch dafür, dass er sich gegen alle Widerstände von dem Karren erhob, sobald der Tross Halt gemacht hatte.

Und dann sah er den Krater.
"Das war also das Beben", murmelte er. Um ihn herum löste sich der Tross langsam auf, die ersten begannen mit Untersuchungen der Barriere, andere sicherten die unmittelbare Umgebung. Vanion erinnerte sich daran, wie Lorainne begonnen hatte, die Leichen der Wächter aufzubahren. Erst zwei Tage war das her, aber es kam ihm viel länger vor. Sein Blick glitt über die schwarz-gelben Toten. Hier gab es noch mehr zu tun.


Lorainne:
Ausdruckslos beobachtete Lorainne das Treiben.
Vor zwei Tagen hatte sie noch für die Toten gebetet, um sie geweint.
Doch jetzt war sie leer. Ausgebrannt, wie die Erde vor ihr.
Um *irgendwas* zu tun, begann sie auch hier, die Toten nebeneinander aufzubauen, darauf bedacht, den Magiern bei ihren Untersuchungen nicht in die Quere zu kommen.
Es ging langsam von Statten, jede Bewegung schmerzte, ihre Rechte Hand, mit der sie den Szivarsdolch geführt hatte schmerzte unerträglich.
Jeder Atemzug Tat weh, seit der Dämon versucht hatte ihr die Kehle zu zerdrücken.
Doch sie genoss diesen Schmerz, da er die Leere in ihr füllte.

Ihr Herz war verstummt, Lavinia hatte sie verlassen.

Sandra:
Immer wieder hatte sie auf der Reise einen besorgten Blick über die Gruppe schweifen lassen. Viele waren schwer verwundet worden und kämpften mit den Spuren, die die Kämpfe der vergangenen Tage hinterlassen hatten.
Ihre eigenen Wunden waren größtenteils wieder in Ordnung gekommen und nur einige blaue Flecken und die eine oder andere Prellung machten die Reise etwas unangenehm.

Schon den ganzen Weg über hatte die Magierin das eine ums andere Mal einen Analysezauber gesprochen. Das Ritual zum Ausrichten der Karte hatte nicht wie sie zunächst dachte eine Schutzkuppel um ihren Aufenthaltsort und den schwarzen Mond erzeugt, sondern es schien, dass nur vier harmonisierte und aktive Obelisken gemeinsam einen Schutz im Zentrum erzeugten.

Je weiter sie sich zum Lager am schwarzen Mond begaben umso toter und verfallener wurde alles um sie herum und so hatte sie gehofft, Restspuren ausmachen zu können um eine Ursache zu finden. Nichts.

Und schließlich sah sie vor sich diese Grenze der Umgebung wo der Verfall noch viel weiter fortgeschritten wirkte - sie hatten wohl die Barriere gefunden, die sie wiederhergestellt hatten. Doch versperrte diese ihnen hier nun auch jeden weiteren Schritt, um mehr herauszufinden.
Eine innere Unruhe breitete sich in Stella aus und auch wenn sie diese Gegend noch nie besucht hatte war es offensichtlich schon alleine an der Reaktion der anderen, dass es hier so nicht aussehen sollte. Und das bezog sich nicht auf die viel zu zerfallenen Häuser.

Und auch wenn sie Vanions Murmeln nicht richtig gehört hatte, kam ihr der selbe Gedanke - das musste die Erschütterung gewesen sein, die sie auf ihrer Reise gespürt hatten.

Und der erste Gedanke, der ihr beim Anblick der Szenerie durch den Kopf schoss war ‘Temporalmagie’...

Sachte ruhte ihre rechte Hand auf der Barriere, die den Weg ins Lager versperrte als sie Lyra zu sich herüber rief, um ihre durchaus gewagte Theorie mit ihr zu besprechen und über weitere Möglichkeiten mit der Fee auszutauschen.

Auch wenn sie äußerlich ruhig wirkte, verrieten ihre Augen den Schrecken, den die Situation vor Ort hervorrief. Schrecken darüber, was hier passiert sein musste und welche Mächte hier gewütet haben mussten, um diesen Anblick zu hinterlassen.

Tabea:
Auch Enid hatte sich dem Tross angeschlossen, achtete aber darauf, sich eher im Hintergrund und fern von den Magiern zu halten. Schuldgefühle darüber dass sie erst aufgetaucht war als die Kämpfe bereits beendet waren, schnürten ihr die Kehle zu.
Krimhild, die junge Frau, die sich ihr auf dem Weg spontan angeschlossen hatte, schien erfreut, Rugier wieder getroffen zu haben und schien beschlossen zu haben, mit ihm weiter zu reisen. "Diese zierliche Person ist weitaus zäher als man ihr auf den ersten Blick zutrauen würde" ging ihr durch den Kopf als sie noch einmal an ihre gemeinsame kurze Reise dachte.
Sie riss sich aus ihren Gedanken und sah sich beklommen um. Furcht erfasste sie als ihr Blick über das verfallene Lager und den Krater schweifen ließ. "Ich hasse Magie" dachte sie und konnte nur mit Mühe den Blick von der Zerstörung lösen.
Da bemerkte sie dass Lorraine begonnen hatte, die Leichen der Wächter aufzubahren. Wortlos half Enid ihr, krampfhaft bemüht, das Unbehagen zu verbergen, dass sie beim Anblick der zerschundene Leiber überfiel.
Gelegentlich musterte sie Lorraine. Der leere Gesichtsausdruck und die Erschöpfung, die die Ritterin ausstrahlte, ließen Enid traurig werden.

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