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Autor Thema: Balerians Abschied - Oder: Was machen wir jetzt mit Eolan?  (Gelesen 2959 mal)

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Offline Akela

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Manchmal weiß man erst, was einem ein bestimmter Mensch bedeutet hat, wenn er nicht mehr da ist.


„Ich weiß jetzt, was ich tun muss Sasha.“

Was...was willst du tun?

„Ich muss gehen Sasha. Die Stimme, die seit meiner Prüfung verstummt ist, ist wieder da.
Und lauter denn je...ich muss das tun.“
Seine Stimme drang durch das unregelmäßige Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren zu ihr. Ihr Herz setzte immer wieder aus, das Atmen wurde schwieriger.

Nein! Balerian, bleib hier!

"Ich muss das tun... nimm das hier, meinen letzten Lebensfunken. Für dich, lebe weiter.
Und gib mir das Fläschchen zurück, wenn ich wiederkomme..."

Nein! Ich...Balerian? BALERIAN!

Seine Stimme war immer leiser geworden als würde er sich immer weiter von ihr entfernen. Dann wurde er von einem dunklen Nebel verschluckt und war...weg.

Lass mich doch nicht alleine.....

Einfach so. Weg.

Seine quirlige und bunte Aura war wie ausgelöscht und hinterließ nur einen dumpfen Schmerz, der sich langsam in Sashas Brust ausbreitete, als ihr Herz begann wieder regelmäßig zu schlagen.*





*Mit einem Keuchen fuhr die Wolfselfe aus dem Schlaf hoch. Das Zelt war  in diffuse Dunkelheit getaucht, es musste noch mitten in der Nacht sein. Krampfhaft versuchte sie ihre Atmung zu beruhigen und das Zittern zu unterdrücken.

Hoffentlich hatte sie niemanden geweckt. Ein kurzer Blick zeigte allerdings, dass der Rest nach den Anstrengungen und Entbehrungen der letzten Tage zu fest schlief um sich stören zu lassen.

Außer Maugrim natürlich...der Priester grunzte leise, als er von Sashas Traum unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde.
 Ohne die Augen zu öffnen seufzte er tief, wälzte sich dann unter seinen Felldecken auf die Seite und hob die Decken etwas an...diese Einladung ließ sich die Wolfselfe nicht zweimal geben.

Nur einen Augenblick später rollte sie sich an den Priester gekuschelt zusammen, der die Decken wieder sinken ließ und praktisch im nächsten Augenblick wieder in tiefem Schlaf versunken war, während er leise vor sich hin schnarchte.

Selten hatte Sasha ihren Seelenbruder so erschöpft erlebt.
Aber das war nicht verwunderlich, hatte er doch alles miterlebt, was sie an diesem Abend erlebt hatte.
Alles.
Als wäre er selbst dabei gewesen. Aber er hatte nichts tun können...nicht helfen...denn er war zu weit weg.
Sie hatte bei dem Ritual seine Kraft gebraucht, um die Kiste zu versiegeln und schon zu dem Zeitpunkt, als sie Balerians Wunden auf sich genommen hatte, waren ihre mentalen Schilde nur noch ein leichter und durchsichtiger Vorhang gewesen.

Und dann kam der letzte Kampf auf dem kleinen Hügel vor dem Schrein. Mit den leuchtenden Kerzen.

Die Kerzen leuchteten auch jetzt immer noch.
Doch ihr Licht hatte für Sasha an diesem Abend an Glanz eingebüßt.

Balerian...

Die Seelen der Askarier gehen nicht mit dem Tod. Sie bleiben bei ihrem Rudel, beschützen es weiterhin und bleiben ein Teil davon bis Askar sie entgültig zu sich ruft.
Unzählige Seelen haben Sasha schon auf ihrem Weg begleitet. Jeder Tote hat geschmerzt, doch es war nie ein vollkommener Abschied.
Balerian war in Askars Namen getauft worden, und auch seine Seele würde nach dem Tod seines Körpers bei seinem Rudel bleiben.


Und doch war er weg.

Wie ausgelöscht...wie niemals da gewesen...

Und zurück blieb nur der dumpfe Schmerz.


Manchmal weiß man erst, was einem ein bestimmter Mensch bedeutet hat, wenn er nicht mehr da ist.
Sasha Timberlore Schattenwolf
1. Paladin Askars

Offline Akela

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*Lange hatte sie gebraucht, um wieder in den Schlaf zu finden, und dann war er leicht und unruhig gewesen, trotz der Nähe des Tormentor-Priesters.

Als das Licht im Zeltinneren langsam heller wurde, wühlte Sasha sich schließlich unter den Decken hervor und stopfte sie in der kühlen Morgenluft sorgfältig wieder zurecht.

Nachdem sie sich ihre schwarz-weiße Robe übergeworfen hatte schlüpfte sie barfuß aus dem Zelt. Die Luft draußen war noch kälter als im Inneren des Zeltes, doch das beachtete die Wolfselfe gar nicht. Sie humpelte die paar Schritte zu der erkalteten Feuerstelle hinüber und ließ sich daneben in das durch den Nachtfrost weiß überzogene Gras sinken.

Wie lange sie in die dunklen Überreste des Feuerholzes von gestern Abend gestarrt hatte ohne es wirklich wahrzunehmen konnte sie gar nicht sagen, während ihre Klauen wie unbewusst mit dem kleinen Glasfläschchen um ihren Hals spielten.

Das letzte Stück, das von Balerian übrig geblieben war. Das letzte Stück, das wirklich zu ihm gehörte.

Sein Körper war nur noch eine Hülle. Eine Hülle für diesen...dieses Ding, dem sie den Namen Eolan gegeben hatte, nur um nicht sagen zu müssen „der Kerl, der Balerians Körper besetzt hat“.

Aber genau so war es. Balerian hatte sich für sie geopfert und sich damit so weit geschwächt, dass er verdrängt werden konnte.

Und nun hatte Sasha absolut keine Ahnung, was sie mit Eolan tun sollte...


So in Gedanken bemerkte gar nicht, dass auch der Rest des Lagers langsam aus der Starre der Nacht erwachte.*
Sasha Timberlore Schattenwolf
1. Paladin Askars

Offline Akela

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*Heute morgen war Sasha mit einem guten Gefühl aufgewacht...und das war selten in den letzten Wochen und Monaten.

Die Wolfselfe hatte ausgiebig ausgeschlafen und sich so lange unter ihre Felle gekuschelt bis die Sonne das Zelt zu sehr erhellte und sie zugeben musste, dass sie so eh nicht wieder einschlafen konnte.
Nun stand sie mit einem Becher dampfenden Kaffees am morgendlichen Feuer und beobachtete das bunte Treiben um sie herum.

Nach dem Fest der Grenzen war sie mit den Valkensteinern wieder Richtung Port Valkenstein gereist, dort sollte Otus seinen – bestimmt wohlverdienten – Urlaub bestätigt bekommen.
Gerade wurde das Nachtlager in der typischen Effizienz wieder abgerissen, noch ein paar Tage und sie würden die Hafenstadt erreichen....nur um von dort aus weiter nach Harnac zu reisen, wo es – wie immer – Probleme gab.

Während die Wolfselfe wie selbstverständlich den Becher in ihren Wolfspranken hielt...als hätte sie diese schon ihr ganzes Leben lang...dachte sie an einen Traum von letzter Nacht.

Letzte Nacht hatte sie von Balerian geträumt.

Das allein war nicht ungewöhnlich, denn Träume über Balerian...oder Eolan... waren häufig in den letzten Wochen.
Doch diesmal war es kein schlechter Traum, keiner über verlorene Freunde und Verzweiflung.

Sie hatte von einer Begebenheit im kleinen Bregaholz vor einer gefühlten Ewigkeit geträumt, Balerian – damals noch Herumtreiber und Pir...äh...Seefahrer - hatte sie gefragt, ob er nicht Nordhund werden könnte. Sasha hatte ihm mit einem Grinsen erklärt, dass er erstmal seinen eigenen Weg finden sollte. Und dass das allein sein Weg und seine Entscheidung wäre, und niemand könnte ihm da rein reden. Sie hatte ihm klar gemacht, dass er erstmal herausfinden müsste, wer er wirklich war und was er wollte...und sich selbst so akzeptieren.
Damals hatte die Wolfselfe nicht gewusst, dass sie mit diesem kleinen Gespräch Balerians weitere Entwicklung nachhaltig geprägt hatte....

Wollte Askar ihr damit klar machen, dass sie jetzt auch Eolan so akzeptieren sollte, wie er war? Dass diese Seele in Balerians Körper kein Eindringling war, sondern Balerian in einer neuen Form?
Oder könnte vielleicht sogar der alte Balerian zurückkehren, wenn sie Eolan akzeptierte?

Sasha seufzte tief und nahm einen vorsichtigen Schluck von dem dunklen Gebräu in ihrem Becher.

Manchmal war der Wille Askars ein Rätsel für sie...

Wenigstens hatte der Traum irgendwie ein angenehmes Gefühl hinterlassen. Eine Erleichterung nach den immer wiederkehrenden Albträumen der letzten Zeit.

Und zumindest waren sie einen Schritt weiter. Die Analyse von Eolan, die Stella und Ysander durchgeführt hatten, hatte neue Ergebnisse gebracht. Auch wenn diese Ergebnisse erst mehr Fragen aufwarfen als sie beantworteten.
Die Seele, die Balerians Körper bewohnte, gehörte tatsächlich in diesen Körper. Es war, als wäre es Balerians Seele...und doch wieder nicht.
Es gab keinen „Parasiten“, keine chaotische Wesenheit oder einen Eindringling, der Balerian aus seinem Körper ausgesperrt hatte.
Die Vermutungen waren fast so vielfältig wie die neuen Fragen. Vielleicht war Balerians „Ich“ so traumatisiert, dass man Eolan mit seinen Erinnerungen konfrontieren musste, um Balerian zurückzuholen. Oder vielleicht waren Balerians Reste doch noch irgendwo in diesem Körper, aber momentan zu schwach um sich melden zu können.
Und vielleicht.....vielleicht war Balerian wie sie ihn kannten tasächlich weg und sie mussten sich damit abfinden...*

Sasha Timberlore Schattenwolf
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Offline Akela

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*In der nächsten Nacht träumte Sasha wieder.
Es war derselbe Traum, nur diesmal mit vertauschten Rollen.

Genau wie sie Balerian damals dazu gebracht hatte, seinen eigenen Weg und somit auch zu sich selbst zu finden, genauso versuchte der Traum-Balerian es jetzt bei ihr.

Ob Askar eingesehen hatte, dass sein Paladin einfach nicht verstand was er sagen wollte und es so noch einmal versuchte? Eindringlicher?

In ihrem Traum stand die Wolfselfe verwirrt mitten im „Kleinen Bregaholz“ und lauschte mit schief gelegtem Kopf den Worten des jungen Barden.
Er schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein....und langsam gestand Sasha sich ein, dass das, was er sagte, Hand und Fuß hatte.

Sich selbst so akzeptieren wie man war? Naja, warum eigentlich nicht?
Die Wolfselfe musste zugeben, dass sie die immer wiederkehrenden mitleidigen Blicke und die Hilfsangebote ihrer Freunde leid war.
Dann hatte sie sich eben verändert.
Dann blieb das jetzt eben so....da würde sie auch mit klar kommen!
Und der Rest der Welt würde das eben auch müssen...

Ihre mentalen Schilde wurden immer besser, mittlerweile konnte sie jeder anfassen ohne dass sie in die Luft ging. Zumindest meistens.
Auch die Anfälligkeit gegenüber starken Emotionen in ihrer Umgebung nahm immer mehr ab. Vielleicht würde es nie wieder so wie früher...aber auch das war dann eben so.

Ein warmes Gefühl machte sich in ihrer Brust breit, als hätte sie eine entgültige Entscheidung getroffen und als hätte diese Entscheidung eine schwere Last von ihr genommen.

Sasha bekam grade noch mit, wie Balerian ihr mit seinem typischen breiten Grinsen zunickte und dann Richtung Theke verschwand...als die Weckrufe eines der Valkensteiner Soldaten, der zum Morgensport rief, sie ziemlich abrupt aus ihrem Traum rissen.

Was ein seltsamer Traum...
Nagut...wach war sie jetzt sowieso, dann konnte sie auch direkt aufstehen.

Die Wolfselfe gähnte ausgiebig und streckte sich, dass ihre Knochen krachten.
Dann schlug sie die Felle zurück und erstarrte.

Ungläubig hielt sie sich ihre Hände vors Gesicht und drehte sie hin und her.

Es waren keine Wolfsklauen....sondern normale Hände ohne Krallen und Fell.*
Sasha Timberlore Schattenwolf
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Offline Akela

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„Dann hatte Gorix also tatsächlich Recht mit seiner Vermutung... das erklärt wahrscheinlich auch meine Träume.“
*Sasha lag auf dem Rücken im Gras und starrte in den sternenklaren Nachthimmel hinauf, ohne die Sterne wirklich wahrzunehmen.*

„Sieht ganz so aus.“
*Maugrim stand mit vor der Brust verschränkten Armen und hochgezogener Augenbraue neben Sasha und schaute zu der Wolfselfe hinunter, eine Mischung aus Verärgerung und Sorge im Blick.*
„Die Frage ist...was tun wir jetzt dagegen?“

*Sashas Blick wanderte zu dem Priester. *
„Auf jeden Fall ist das so kein Zustand. Wer weiß wie es ihm geht... und ob er noch Gesellschaft hat.“
*Nachdem Sasha Maugrim eine Hand hingehalten hatte, zog dieser sie mit einem Ruck auf die Beine.*
„Ich habe nur momentan absolut keine Idee, wie wir ihn da rausbekommen ohne ihm zu schaden.“

*Maugrims Blick verfinsterte sich noch etwas mehr.*
„Ohne IHM zu schaden? Ich mache mir mehr Sorgen um jemand anderen. Ich habe zwar keine Ahnung von sowas, aber diese Risse gefallen mir gar nicht.“

„Mir auch nicht. Aber zumindest ist die ganze Rätselraterei zu ende. Jetzt muss nur noch eine Lösung her.“
*Mit einem Schmunzeln drehte sich die Wolfselfe zu ihrem Seelenbruder herum.*
„Sehen wir es mal positiv: So wie es aussieht ist Balerian tatsächlich noch da.“
Sasha Timberlore Schattenwolf
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