Hier und dort: In Engonien und außerhalb des Kaiserreiches > Gruppen auf Reisen im In- und Ausland

Nach dem Melekahrt.

(1/13) > >>

Keks:
Erschrocken fuhr Keks aus dem Schlaf hoch! Die Schatten hatten erneut nach ihr gegriffen und dabei hatte sie doch extra mit ihren Freunden Alkohol getrunken, um in einen ruhigen Schlaf zu sinken. Als sie an ihre Freunde dachte, verzogen sich die Schatten und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Lasaras unbeschwertes Lachen, Maeves warme Hand auf ihrer, Falks Enthusiasmus, das Lied zu singen.
Das Lied – ihr hatte doch tatsächlich jemand ein Lied geschrieben! Und das nur, weil sie ihrer Aufgabe nachgegangen war. Wer hätte nicht seinen eigenen Schutz aufgegeben, um am Boden liegende Verletzte zu heilen, Yanis hätte es getan. Und ihr liebster Schamane Falk, der Yanis wieder ein Stück lebendig machte und der den Verlust erleichterte, wurde auch im Lied verewigt.
Und Vanion hat eine eigene Passage. Vanion – ihr Lächeln wurde breiter, als sie daran dachte, wie der stolze Ritter seine einstmals enge Freundin Anders beiseite nahm. Und das gemeinsam von ihnen gesungene Lied! Menschen müssen ihre Augen einfach manchmal aufmachen und dann erneut öffnen. Außerdem müssen Menschen der Liebe erlauben, ihr Herz zu führen. Erleichterung durchströmte sie: Augenscheinlich hatte sie ihre Fähigkeit, Menschen zum Nachdenken anzuregen und Frieden zu schließen, noch nicht ganz verlernt.
Sie griff nach ihrem Wasserglas und eine kalte Woge ging durch ihren Körper. Sie hatte noch immer eine Aufgabe und konnte noch immer wirksam sein. Auch wenn sie das nun über zwei Jahre hinweg nicht mehr geglaubt hatte. Der Moment, in dem die Dämmerungsalben sie bedroht, ihr das Amulett abgenommen und ihr aber erlaubten, die Verletzen zu versorgen, hatte sie nur den Wunsch, dieser unfassbar großen Erschöpfung zu entfliehen, indem sie endlich für immer einschlief.
Als Vanion sie befreite, wollte sie der Verzweiflung nachgeben. Aber er ließ das nicht zu. Das ist wohl das, was Ritter tun. Sie bewahren einfache, gemeine Menschen davor, den Glauben zu verlieren. Er hatte ihr das Leben gerettet, obwohl sie sich eigentlich überhaupt nicht kannten. Und dann gab er seinen eigenen Schutz auf, damit sie in der Burg Verletzte heilen konnte. Er hätte das zwar vermutlich für jeden getan, aber nichtsdestoweniger war sie ihm dankbar.
Als Keks näher darüber nachdachte, kam ihr in den Sinn, dass er sie ein zweites Mal rettete, indem er sie in die Burg schickte, um auszuruhen. Sie würde niemals wieder zögern zu gehen, wenn einer der Ritter etwas sagen würde. Arius hatte schon Recht, das war gefährlich. Und ein drittes Mal stand er ihr bei: Er sagte zu ihr, dass es sich lohnte weiter zu leben. Wieso konnte sie das von einem fast Fremden annehmen, aber nicht von Freunden? Vermutlich weil Freunde einander die ärgsten Kritiker sind oder man annimmt, dass sie nicht objektiv sind. Außerdem spendete er ihr den Segen seiner Göttin kurz vor dem Angriff auf dem Burghof. Der Tsa hatte das sicherlich gefallen.
 Und dann gab es noch einen Moment: Der Moment am Lagerfeuer, als er ihr etwas anvertraute und sie…
Keks schlug sich gegen die Stirn. Hatte sie ihm echt ihre Geschichte erzählt? Tsa sei Dank war Eljas in der Nähe gewesen. Der Prinz - das Gesicht von Vanion war unbezahlbar. Eigentlich sollte sie noch einmal mit ihm reden, schauen, ob es ihm gut ging. Seine Verletzungen waren heftig und er hatte viel Blut verloren. Und vernünftig würde er ja ohnehin nicht sein. Da war er vermutlich genauso wie alle anderen.
Zügig stand sie auf, zog ihr buntes Tuch enger um sich, packte Heilkräuter, Salbe und frische Verbände ein und ging, um Vanion zu sehen. Sie hatte tatsächlich einige Stunden geschlafen.

Vanion:
Diese Burg war seltsam. Die Morgensonne, die ihre Strahlen auf die schrägen Dächer, dicken Mauern und auch mitten in den Innenhof warf, konnte ihn da nicht beirren. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen. Eine magenumdrehende Schiffahrt, ein langer Marsch durch dunkle Wälder, und dann - dann waren sie der Dämmerung begegnet. Kein unbekannter Feind für den Herrn Ritter und seine engonischen Freunde, aber das machte diese Gestalten nicht angenehmer. Und dann? Welchen Preis hatten sie hier bezahlt? Welches Übel in Kauf genommen? Vanion hatte rasch verstanden, welcher Art diese Schwarze Gilde war, was für eine Art Magie sie praktizierten. Sie taten Dinge, die Vanion nicht gutheißen konnte, und so hatte er sein Gewissen beruhigt: Sein Schwert hatte den Feind gestraft und sein Schild hatte die Freunde geschützt. Im Grunde war das ganz einfach gewesen.

Und doch war Baron Norwin von Grünwasser, auf dessen Gesuch sie überhaupt hierhin gekommen waren, tot. Sein Leichnam längst verbrannt und die Asche in alle Winde verstreut. Wie es sich geziemte, war Vanion mit der Sonne aufgewacht und hatte seine ersten Worte an die Herrin Lavinia gerichtet, die ihm nun fern schien, die gewiss über Engonien wachte. Aber hatte sie wirklich nur das getan? Er ließ den letzten Abend noch einmal Revue passieren. Keks - diese Tsa-Anhängerin, hatte dafür gesorgt, dass Vanion auf Anders zugegangen war. Dass er gesagt hatte, was längst überfällig war - und obgleich Anders die Notwendigkeit seiner Handlungen nicht verstand und vielleicht nie verstehen konnte, hatte Vanion doch das Gefühl gewonnen, dass ein Stück der alten Vertrautheit zurückgekehrt war. Er erinnerte sich an den Ritter aus den Flusslanden, den er fast gefordert hätte, weil er Anders für das scheinbar freche Lied hatte züchtigen wollen.

Als er nun endlich auf den Innenhof trat, ohne das Blut und den Schmutz und den Schlamm vom Vortag, da schien ihm, als lägen die Ereignisse der letzten Tage schon weit zurück. Allein sein an diversen Stellen schmerzender Körper und der ein oder andere Verband erinnerten ihn daran, dass es noch einige Tage dauern würde, bis er sich auf den Weg machen würde. Das Tor war von den Kriegern Melekahrt besetzt, und es herrschte reger Betrieb. Viele derer, die er kennengelernt hatte, machten sich nun auf, um zurückzukehren, wo immer sie hergekommen waren.

Pflichtschuldig humpelte er in Richtung Tor, um sich zu überzeugen, dass alles in Ordnung war, dass man wachsam war, dass er hier nicht mehr gebraucht wurde und guten Gewissens etwas Ruhe suchen konnte, da erblickte er eine vertraute Gestalt, die bunt wie eine Wildblumenwiese gekleidet war.

Keks:
Keks betrat den Burghof und sog langsam und tief die kühle Luft ein. Die Ereignisse der letzten Nacht schienen fern zu sein.
Sie blickte umher und sah das rege Treiben am Tor. Zügig kehrte sie zurück zu ihrem Zimmer, holte ihre Keksdose, um den Menschen dort eine kleine Stärkung anzubieten.
Um ein Haar hätte sie das vergessen. Was für ein Mist.

Als sie die Treppe hinunter zum Tor steigen wollte, sah sie Blut auf den Steinen. Vanions. Zerstreut schüttelte sie den Kopf. Was nahmen die Menschen nur auf sich mit ihren Schwertern und Schilden in der Hand.
Ein weiterer Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Larodar! Er wollte weder Dank und irgendeine Entlohnung dafür, dass er ihr geholfen hatte, ihren neuen Freund zu retten. Das müsste sie ihm aber noch irgendwie vergelten.
Es ärgerte sie immer noch, dass sie nicht zur Stelle sein konnte, als er Hilfe brauchte. Es waren gefühlt viel zu wenig Heiler und Heilerinnen anwesend.
Sie würde hier später schrubben.

"Guten Morgen ihr Lieben", mit einem herzlichen Lächeln begrüßte sie die Wachen am Tor.
"Hier ist eine kleine Stärkung für euch! Später hole ich euch gerne heiße Getränke.
Aber zunächst mal wollte ich euch fragen, ob irgendjemand einen neuen Verband braucht oder etwas gegen die Schmerzen, die euch in der Nacht zugefügt wurden."
Es tat ihr gut, sofort aktiv zu werden und die dunklen Ereignisse zu vergessen. So ganz hatte sie es ohnehin nicht verstanden. Irgendeine schwarze Gilde, die dunkle Magie betrieb, offener Krieg mit den Dämmerungsalben und drei Rituale, die gleichzeitig abgehalten werden sollten.
Nunja...als Heilerin hatte sie sowieso kaum Zeit, sich anderem zu widmen. Was vielleicht auch gut so war.

Von hinten ertönte eine Stimme: "Guten Morgen! Sie bringt und Kekse und wahren Frieden.."
Falk kam gerade aus dem Wald zurück. Dieses Lied würde sie in Ehren halten und einfach jedem unter die Nase reiben, dass man ihr eins widmete. Eine kurze Melodie am Sorgen war immer gut!

"Achja, das Lied...ich wollte ja nach Vanion gucken. Hat irgendjemand den Ritter gesehen?" Sie blickte sich suchend um. Und da humpelte er aufs Tor zu.

"Wusste ich es doch. Er gönnt sich natürlich keine Pause, sondern fragt jetzt gleich vermutlich, ob er helfen kann!" Unwillkürlich schnellte ihre Augenbraue nach oben. Die Menschen lernen eben nie. "Verdammt, er ist gestern fast mehrfach in meinen Armen gestorben. Ich musste wirklich mein gesamtes Wissen und Können anwenden, um ihn zu retten. Und nicht mal das wäre ausreichend gewesen."

Zügig schritt sie auf ihn zu, wollte ihn eigentlich schellten und musste dann doch grinsen. Wie schön, dass er aufrecht ging.

"Guten Morgen mein Freund! Hast du gut geschlafen? Lass mich doch mal deine Wunden nachversorgen"

Vanion:
"Ich ... Guten Morgen!"

Vanion konnte nicht anders, als zu schmunzeln. Keks wirkte geschäftig. Hektisch. Flatterhaft, würden böse Zungen sagen. Er schüttelte den Kopf, aber er lächelte dabei. "Ich wollte nachsehen, ob nun alles in Ordnung ist. Gestern Abend hab' ich noch eine Weile mit Arius gesprochen. Er sagte mir, dass, nachdem ich ... nicht mehr streiten konnte, ein großer Sieg errungen wurde." Etwas zerknirscht und deutlich leiser sagte er: "Wohl ohne mich, wie es scheint."

Er erkannte endlich, dass man ihn am Tor überhaupt nicht brauchen würde, und er entspannte sich. Um ihn herum hatte man gefeiert, er selbst war auch guter Dinge gewesen, aber nun ließ ihn der Gedanke, wem sie hier geholfen hatten, nicht los. Es ärgerte ihn, aber er musste sich eingestehen, dass er ziemlich zerschlagen war, und so ließ er zu, dass Keks ihn langsam wieder in Richtung der Räumlichkeiten bugsierte, und tat lediglich so, als würde er sich dagegen wirklich wehren. "Die Kräuterumschläge, die du gemacht hast, müssen erneuert werden, glaube ich. Wenn niemand da ist, der deine Hilfe dringender braucht, könntest du vielleicht wirklich nochmal nach ihnen sehen?"

Keks:
Keks lächelte. Männer waren wohl so und Ritter ganz besonders. Bloß keine Schwäche zeigen.

Vorsichtig hakte sie ihn unter und sie gingen gemeinsam los. Scheinbar verlegen suchte sie nach Worten: "Du...also was ich dir sagen will..." Dann blieb sie stehen, drehte sich zu ihm um und schaute Vanion geradewegs in die Augen.
"Du warst gestern nicht mehr beim finalen Schlag dabei. Aber das ist nicht wichtig. Denn den Sieg haben wir alle gemeinsam errungen. Die, die ritualisiert haben, die die gekämpft haben, die, die geheilt haben, die, die ihre guten Gedanken gesendet haben. Wen kümmert es, dass du nicht bis zum Ende gestritten hast.
Du, mein Freund, bist in meinen Augen der allergrößte Sieger von allen. Denn deine Schlacht war die härteste, die es gestern zu schlagen galt. Du hast mit dem Tod selbst gerungen.
Dein Körper ist unter meinen Händen fast gestorben, aber dein Wille ist stark geblieben. Er hat sich an Personen und Gedanken festgehalten, die du liebst.
Der Herr Boron musste dich frei geben, weil die Tsa dich ihm entrissen hat. Und ohne dich, hätte ich den Kampf um dein Leben verloren."

Noch bevor er antworten konnte, hakte sie ihn erneut unter und sie setzten sich langsam in Bewegung.
"Außerdem hast du gestern das getan, was jeder Ritter tun sollte: Du hast für diejenigen gestritten, die selber nicht kämpfen können. Für mich. Du hast mich viermal gerettet. Und das kann ich dir nie vergessen, ob wir nun gesagt haben, wir sind quitt oder nicht."

Dann schaute sie im Hof umher, grüßte weitere Personen und bugsierte Vanion langsam zu seinen Gemächern.
Sie band sich die Haare hoch und konzentrierte sich darauf, die Verbände zu wechseln. Lediglich ein Augenflattern verriet, dass die Heilung noch eine ganze Weile dauern würde.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

Zur normalen Ansicht wechseln